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Journalismus ist nicht neutral

Wie neutral muss eine Nachrichtenmeldung sein? Ich finde: niemals zu neutral, denn Neutralität im Journalismus ist ohnehin pure Einbildung. Schließlich ist die Meldung erschienen, weil ein Redakteur das so entschieden hat. Journalisten wählen aus und bewerten. Sie entscheiden stets auch subjektiv, was sie schreiben. Es gibt keine absolute Objektivität, Journalismus war noch nie neutral. Hunter S. Thompson hat’s verstanden, aber etwas übertrieben.

Manchmal ist Objektivität auch eine Ausrede, um unangenehme Dinge nicht klar beim Namen nennen zu müssen. Es heißt, dass eine Meldung stets «beide Seiten» wiedergeben soll. Deswegen dürfen die drei Klimaleugner auch immer ihre Meinung in die Welt posaunen, während die anderen 97 verzweifelt widersprechen. False Balance ist es auch, wenn ein AfD-Männchen auch noch etwas sagen darf; selbst wenn das alles lächerliche Lügen sind. Treten Sie ans Mikrofon, Frau Weidel!

Gefragt ist natürlich Haltung. Journalisten müssen schreiben, was ist: Ein Autofahrer hat einen Radfahrer getötet, nicht das Auto. Ein Terrorist tötet nicht nur, er mordet. Es ist kein Portal, sondern eine rechtspopulistische Plattform. Usw. Journalisten müssen die Dinge klar benennen, ehrlich sein, fair und deutlich. Sie müssen erklären, bewerten und einordnen. Es gibt auch Themen, bei denen absolut keine Neutralität gefragt ist, sondern eben die klare Haltung. Bei Rassismus gibt es kein «Pro und Contra», auch nicht bei Menschenrechten, bei Hass und Hetze, bei Nazis. Kein «Oder soll man es lassen?» Ohne Haltung geht es nicht, ohne Haltung gibt es keinen guten Journalismus. Und dann gewinnen die Bösen.

Mein VanMoof war ein Fehlkauf

Vor einigen Jahren kaufte ich das VanMoof S2; das war Anfang 2019. Bestellt hatte ich es am 26. Oktober 2018; geliefert wurde es am 16. Januar 2019. Fürs Rad zahlte ich 2457 Euro. VanMoof gewährte damals einen «Early Bird Discount» in Höhe von 1000 Euro, es hätte also eigentlich knapp 3500 Euro gekostet. (Ich habe später weitere 59 Euro erstattet bekommen – so viel hatte ich für den optionalen Gepäckträger bezahlt.) Ich habe also in den vergangenen sechseinhalb Jahren 30 Euro pro Monat für das S2 bezahlt.

Das Rad hatte zwar ein paar nervige Eigenheiten, die Schaltung etwa, aber es machte Spaß, damit durch die Stadt zu fahren. Manchmal stürzte es ab, also der kleine Computer im Rahmen, dann startete das S2 einfach neu und fuhr weiter. Anfangs konnte ich mit dem S2 auch noch 32 km/h schnell fahren, das war möglich, aber illegal, deswegen habe ich das natürlich auch niemals gemacht. (VanMoof hat den Motor später auf 25 km/h gedrosselt, damit es keinen Ärger mehr gab.)

Schick sieht es aus, doch lange hat es nicht gehalten: das S2 von VanMoof.

Irgendwann setzte der Motor vom S2 allerdings ganz aus. Das Display zeigte zwar noch tapfer die sinkende Geschwindigkeit an, aber der Boost-Knopf blieb wirkungslos. Ich strampelte schimpfend vor mich hin und merkte, wie schwerfällig dieses olle Fahrrad ohne Motor eigentlich ist. Unfahrbar, weil die seltsame 2-Gang-Schaltung viel zu spät automatisch schaltete. Ich hielt an, startete das Rad mehrmals neu, setzte es sogar zurück. Dann fuhr ich ohne Power nach Hause. Schwitzend. Fluchend.

Ich fuhr ohne Power nach Hause. Schwitzend. Fluchend

Glücklicherweise ging der Motor irgendwann «einfach wieder» und ich fuhr mit dem S2 weiterhin zur Arbeit, zum See, durch den Wald. Die Monate vergingen. Dann fiel der Motor immer öfter plötzlich aus. Heute auch wieder – es ist Juni, das Wetter ist herrlich und ich wollte sinnlos durch die Gegend brausen. Doch das S2 ließ mich im Stich. Wieder einmal. Ich denke, es ist nun endgültig vorbei. Denn selbst wenn der Motor morgen wieder funktionieren wird: Ich kann mich auf das Fahrrad längst nicht mehr verlassen. Das S2 war ein ziemlicher Fehlkauf. (Der Motor schweigt weiterhin.)

Ärgerlich fand ich auch, dass sofort nach dem Kauf auch schon S3 erschienen ist: Da haben sie dann einige Punkte verbessert, etwa die Schaltung. Hätte ich mal gewartet! Dann ging VanMoof vor zwei Jahren pleite, heute gehört der Laden zu Lavoie, einer McLaren-Tochter. Fürs S2 gibt es offiziell keine Ersatzteile mehr. Das Rad ist nach sechs Jahren quasi Elektroschrott. Und ich bin nicht der einzige S2-Fahrer, der mit seinem elektrischen Drahtesel Ärger hat: Auch andere berichten von Motoraussetzern. In dem Forum motzte einer: «Kauf dir was Gescheites im Laden vor Ort.» Wahrscheinlich hat er recht.


Vor einigen Tagen hat VanMoof das neue S6 vorgestellt. Kurz dachte ich: Oh, das könnte ich doch kaufen, dann sind meine Probleme gelöst! Ich war wohl fiebrig. Denn natürlich werde ich nie wieder ein VanMoof erwerben. Ich könnte mich durch Fachforen ackern und mein olles S2 mühsam hacken, aufreißen und reparieren; kann einen Raketenantrieb dran löten und USB-C und Blinker. Mache ich aber nicht. Will ich nicht. Kann ich nicht. Ich möchte nur Radfahren. Einfach nur das.

Wird es den Käufern des S6 besser ergehen? Wird das Rad länger halten – und wird VanMoof langfristig Support leisten können? Sie hatten zum Beispiel versprochen, dass es auch in Hannover einen VanMoof-Laden geben würde – das wäre für mich faulen Hund natürlich praktisch gewesen. (Sollen die doch die Kette ölen!) Daraus wurde nichts. Im Keller steht jetzt noch der riesige Karton, in dem das S2 geliefert worden ist. Den habe ich gewissenhaft aufgehoben; falls mal was ist! Der Karton hat zwei Umzüge mitgemacht. Ich werde ihn verbrennen müssen. Und das S2 gleich mit. Ich will lodernde Flammen sehen und der Akku soll heftig explodieren und dann kommt die Feuerwehr, ein ganzer Löschzug und ich muss dann wohl ins Gefängnis. Also doch lieber Kleinanzeigen: Verkaufe defektes S2.

Mein Garten, mein Wiki

Viele Dinge in meinem Leben organisiere ich mit Notion, etwa meine Einkaufslisten. Aber auch Ideen sammle ich dort sowie persönliches Wissen, wie: «Warm zu duschen ist schöner, als kalt zu baden.» Man kann das Ganze als digitalen Garten verstehen – eine Philosophie, die dazu anregt, Ideen langsam gedeihen zu lassen. Zuerst steckt man einen Samen in die pixelige Erde und gießt ihn regelmäßig, damit eines Tages ein fertiges Essay entsteht. Den schickt man abschließend an den New Yorker! Also an das Magazin.

Idealerweise würde man den Garten selbst bauen, also mit Hammer, Kettensäge und Content-Management-System. Aber nicht jeder hat die Zeit dafür und die Fähigkeiten. Deshalb ist Notion eine gute Notlösung; für einen Schrebergarten auf Probe quasi. Ich habe darüber einen Artikel für heise online geschrieben: So lassen Sie Wissen wachsen mit Notion. Darin steht, wie man zügig loslegt. Das grundlegende Konzept hatte ich zuvor in einem anderen Artikel beschrieben.


Meinen eigenen Garten habe ich als persönliches Wiki in Notion angefangen, bin dann aber doch in mein CMS (ProcessWire) umgezogen, das auch diese Website antreibt. Ich baue da alles selbst, es sieht deshalb noch unfertig aus. Aber es ist trotzdem online: mein Wiki mit einigen Einträgen. Der Rest folgt.

X verklagen

Seit Februar 2009 bin ich mit meinem aktuellen Account bei X aktiv, das früher Twitter hieß. Weil X einige Datenschutzverstöße begangen hat, erhalten die Nutzer demnächst Schadensersatz in Höhe von mindestens 750 Euro. Wer betroffen ist, kann sich in ein Verbandsklageregister eintragen. Das kostet nichts und es besteht kein Risiko. Ich habe mich eben eingetragen, nachdem «ich» neulich schon Facebook verklagt habe. Wer zusätzlich von einem Datenleak betroffen ist, könnte weitere 250 Euro erhalten – oder mehr. Details hierzu stehen bei heise online.


Bei X poste ich übrigens keine neuen Inhalte mehr, stattdessen bei Bluesky. Doch den X-Account behalte ich noch, weil mein Nutzername damals ein echter Glücksgriff war: @berger. Vielleicht wird X eines Tages an Automattic verkauft und wieder in Twitter umbenannt. Und dann posten wir alle, was wir so machen. Wie früher.

Meinen allerersten Twitter-Account hatte ich 2007. Aus meinem Rom-Urlaub schickte ich kleine Texte via SMS an Twitter und freute mich viel zu sehr, dass sie tatsächlich im Internet zu lesen waren. Das war eine schöne Zeit.

  • Update, 28. Mai: Heute erreichte mich ein Schreiben vom Bundesamt für Justiz. Es bestätigt meinen Eintrag in das Register und meine Anmeldung zur Verbandsklage gegen X.

Weniger am Handy sein

Das Smartphone ist zwar Freund und Helfer – aber auch ein evil Motherfucker! Ständig will es Aufmerksamkeit, ständig ist irgendetwas.

Als ich vor einigen Wochen endlich den Film Oppenheimer anschaute, langweilte ich mich schnell1. Der Film lief 3 Stunden lang auf dem großen Fernseher und ich daddelte nebenbei am kleinen Handy herum. Später wechselte ich zum iPad, das war wesentlich bequemer. Ich hätte den Film einfach ausmachen müssen. Doch ich hatte für den Film bezahlt und viele Leute waren so begeistert davon gewesen. Ich dachte: Der wird bestimmt noch spannend.

  1. Der Film ist gut, sicherlich, aber ich fand ihn zu lang und zu langatmig erzählt. What can I say? Manchmal braucht es eine zweite Vorführung: Zodiac von David Fincher fand ich beim ersten Angucken auch öde und verwirrend. Als ich ihn aber ein zweites Mal anschaute, gefiel er mir richtig gut. Die persönliche Stimmung spielt eben doch eine wichtige Rolle.

Also wartete ich am Second Screen darauf, dass mich der Film doch noch packt. Vielleicht war meine Abgelenktheit durchs Handy das Problem, vielleicht hätte mir der Film im Kino besser gefallen. Dort wäre ich zur Aufmerksamkeit verdammt gewesen; ich würde es niemals wagen, das Smartphone aus der Tasche zu holen. Zu Hause tendiere ich aber dazu, bei «langweiligen» Filmen und Serien schnell zum Handy zu greifen, um mich abzulenken. Wir alle machen das so. Oder?

Für einen Artikel habe ich mich näher mit diesem seltsamen Verhalten beschäftigt und mich auch mit der milden Handysucht befasst. Das Ergebnis ist nun bei heise online zu lesen: Weniger am Handy sein – so gelingt es (vielleicht). Obacht, Paywall.

Insta is Hell

Nach dem Schreiben des Artikels habe ich Sofortmaßnahmen ergriffen: Ich erlaube mir nur noch 10 Minuten Instagram am Tag. Und die gehen erstaunlich schnell herum. Eigentlich müsste die App hochkant von meinem Smartphone fliegen. Eigentlich. Immerhin habe ich Facebook und LinkedIn nicht auf meinem Telefon, das ist schon viel wert. Zeitfresser Nr. 1 ist derzeit jedoch Threads: Dort lese ich, was aktuell in den USA passiert. Doomscrolling, ahoi!